Islamic and Middle Eastern Studies

BA-Seminar SP 1 und 2: Die Figur des Teufels in islamischen Traditionen

Dienstag, 05.12.2023

Während er im Koran als ungehorsam und hochmütig erscheint, weil er sich im Gegensatz zu allen übrigen Engeln Gottes Gebot widersetzt und sich nicht vor Adam niederwirft (2:34, 7:11-18, 20:116), gilt er einigen Mystikern, allen voran Mansur al-Hallaj (gest. 922) eben durch diese Gehorsamsverweigerung als vorbildhafter Monotheist. Al-Hallaj unterscheidet zwischen Gottes Willen und seinem Gebot und macht geltend, dass in diesem Falle das Gebot eine Versuchung darstellte, denn die Prosternation gebühre einzig Gott. Ausgehend von der koranischen Erzählung über des Satans Verführung von Adam und Eva, von der verbotenen Frucht zu essen (7:20-22, 20:117-121), tritt der Teufel als Verführer zu moralischer Verderbtheit in den verschiedensten Lebenslagen besonders eindrücklich bei dem ?anbalitischen Gelehrten Ibn al-Jauzi (gest. 1201) in Erscheinung. Als den Initiator von Zweifel und Irrglauben präsentiert ihn der Religionshistoriker Muhammad aš-Šahrastan? (gest. 1153) und setzte ihm damit absichtlich oder unabsichtlich ein Denkmal als äusserst scharfsinnigem Denker. Diese und andere Traditionen werden in der Moderne von arabischen Literaten aufgegriffen und häufig mit neuzeitlichen europäischen Motiven der Teufelsdarstellung, u.a. John Miltons (gest. 1674) Paradise Lost und Johann Wolfgang Goethes Faust (gest. 1832) angereichert und neu gedeutet. So wird der Teufel zum tragischen Rebellen, Märtyrer und Skeptiker. Zugleich ‘existiert’ er aber auch weiter als Inkarnation der Sünde, beispielsweise in Gestalt einer verführerischen Frau in der in konservativen Kreisen als musterhaft islamisch geltenden Novelle Waswasat Šaitan von Abdalhamid Juda as-Sahhar (gest. 1974).

Veranstaltungsart:Vorlesung/Seminar
Dozierende(r): Prof. Dr. Anke von Kügelgen
05.12.2023:10:15 - 12:00
Ort: Hauptgebäude
Hochschulstrasse 4
3012 Bern
208, Seminarraum

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